Lalibela - die Stadt der wundersamen Kirchen

Nach dem Niedergang des aksumitischen Reiches verlagerte sich das Machtzentrum Abessiniens weiter südlich. Die Herrschenden der Zagwe-Dynastie hatten Roha zu Ihrer Hauptstadt auserkoren. Ihr bekanntester Fürst, König Lalibela (1181-1221) schuf auf Geheiß Gottes, unterstützt von Engeln der Legende nach die 11 Kirchen, alle nicht gemauert, sondern aus dem Felsen, innen und außen heraus gemeiselt. Nichts erinnert heute in Lalibela (einst Roha) mehr an die glanzvollen Tage als Residenzstadt. Die paar wenigen armselige Hütten der Dorfbewohner sind aus der Luft kaum von der, durch die Glut der Sonne ausgedrockneten Savanne zu unterscheiden. Wären nicht die Kirchen, heute als Weltkulturerbe von der UNESCO geschützt und teilweise restauriert, würde niemand hier auch nur 5 Minuten verweilen.
Die Bauwerke sind alle durch Gänge und Tunnel untereinander verbunden und können auf einem Rundgang besichtigt werden. Wie in Asien muß man auch hier die Schuhe beim Betreten der Gotteshäuser ausziehen. Es gibt allerdings einen gewalltigen Unterschied. In Thailand waren die Fußböden sauber. Hier bedeckte eine Mischung aus Tauben-, Ratten-, Mäusekot und Stroh den Boden, eine sehr eklige Angelegenheit.
Ist eine Besuchergruppe in den Kirchen unterwegs, dann lauern an allen Ecken Bettler auf die Gruppenmitglieder. Und wehe einer wird doch schwach und gibt etwas, dann wird man die sich, wie ein Schwarm Geier aufführenden Individuen nie wieder los. Leider war es so, gab man einem der jüngeren Kinder etwas, zB. Bleistift oder Kaugummi, wurde ihnen das von den Älteren gleich wieder abgenommen. Es war eine richtige organisierte Bettelei.
Nicht nur die Architektur der Bauwerke, sondern auch die enorme Ausstattung mit uralten Kunstwerken, historischen Schriften und kirchlichen Artefakten spiegeln den hohen Wert der Kulturdenkmäler wieder. Die Unmöglichkeit von Pilgerreisen zwischen Äthiopien und Israel durch die Islamischen Staaten kompensierte man im Mittelalter durch eigene christliche Stätten. So benannte man den Fluß der durch Roha floß, kurzerhand in Jordan um.
Weitere Fels- und Höhlenkirchen sind von Lalibela aus in Tagesausflügen erreichbar. Eine der schönsten befindet sich in einer Grotte unterhalb einer Felskuppe in etwa 3.500 Metern Höhe. Der kombinierte Aufstieg aus Maultierritt und Kletterpartie ist in dem heißen und trockenen Klima eine ganz schöne Strapaze. Nur mit Hammer und Meisel schufen die Künstler vor 800 Jahren, die noch heute bestaunten Kapellen und Kirchen. Es sind einzigartige Denkmäler des Weltkulturerbes. Neben der Besichtigung des Bauwerkes belohnt auch der Ausblick vom Gipfel die Mühen des Aufstieges.
Zurück im Dorf erlebt man den ganz normalen Alltag. Ein Schritt vor das Roha-Hotel, in dem es nur stundenweise Elektritzität und Wasser gab, und man hat wieder zahlreiche Bettler um sich herum. Kinder, die gerade nicht bettelten, müssen für die Familie ganz schön ran. Als Hirten, Wasserholer und Feuerholzträger mit Lasten, die keineswegs kindgerecht waren, erlebten wir den äthiopischen Alltag von den Ärmsten der Armen.